Küstenregionen des Patrimonium Petri als hybride Räume

Dr. Kordula Wolf

Küsten sind Räume, die sich unter Einwirkung ganz unterschiedlicher Faktoren fortwährend verändern und an die Menschen, die sie bewohnen und dominieren, einerseits spezielle Herausforderungen stellen, ihnen andererseits auch besondere Ressourcen und Möglichkeiten bieten. Eine historische Untersuchung dieser in Meernähe befindlichen Regionen als hybride Räume integriert dabei mehrere Ebenen: eine topografische, die durch die Dichotomie und unscharfe Grenze zwischen Land und Wasser bestimmt ist; eine verflechtungsgeschichtliche, die auf Austausch, Transfer, Vernetzung fokussiert und dabei lokale wie transregionale Perspektiven miteinander verbindet; eine politisch-administrative, die sich mit divergierenden Macht- und Besitzverhältnissen bzw. -ansprüchen auseinandersetzt; eine ökonomische, die lokale Ressourcen, Wirtschaft und Handel einbezieht; eine sozial- und mentalitätsgeschichtliche, die darauf eingeht, wie sich Menschen – gerade auch angesichts umwelt- und klimabedingter Unwägbarkeiten und vom Meer drohender Gefahren – Raum aneignen, ihn bewohnen, verändern, strukturieren und schützen; und schließlich eine perzeptive, die sich mit unterschiedlichen Raumwahrnehmungen beschäftigt. Anhand einer Fallstudie zu den am Mittelmeer gelegenen Regionen der terra Sancti Petri soll das komplexe Ineinandergreifen all dieser Ebenen im historischen Längsschnitt analysiert werden. Der Untersuchungszeitraum erstreckt sich von der Zeit Gregors des Großen (590–604) als einer Phase intensiver Neuorganisation der Aktivitäten der Römischen Kirche, der päpstlichen Besitzungen und Verwaltung bis zum Pontifikat Innozenz' III. (1198–1216), durch dessen Rekuperationspolitik der 'Kirchenstaat' seine letzte größere territoriale Veränderung im Mittelalter erfuhr. Es gilt zum einen herauszuarbeiten, welche Relevanz Küstengebiete für die vom römischen Bischof verwalteten Territorien im Allgemeinen und für die Stadt Rom im Besonderen hatten, wodurch nicht zuletzt auch die bisher landfixierte Geschichte des früh- und hochmittelalterlichen Papsttums um eine maritime Dimension erweitert werden soll. Zum anderen möchte die Fallstudie zu Küsten als Hybridräumen einen neuen Beitrag zur mediävistischen Mediterranistik leisten.

Dr. Kordula Wolf
Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Referentin für Frühes und Hohes Mittelalter, Leiterin Redaktion und Öffentlichkeitsarbeit, Redakteurin der Schriftenreihe "Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom", technische Betreuung der Online-Publikationen (ohne Datenbanken)
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