Christen und Muslime im nördlichen Apulien (Capitanata) im 13. Jahrhundert

Projekt unter Federführung von Prof. Dr. Michael Matheus (Mainz)

Seit den 20er Jahren des 13. Jahrhunderts veranlasste der staufische Kaiser Friedrich II. die Deportation tausender auf Sizilien lebender Muslime in die Capitanata, wo in Lucera eine muslimische Stadt entstand. Damit begann ein bis ins 14. Jahrhundert reichendes Kapitel muslimisch-arabischer Kultur in Europa, das im Vergleich zur muslimischen Präsenz in Südspanien und Sizilien bisher wenig beachtet wurde. Unter den Anjou wurden zudem im nördlichen Apulien Provençalen angesiedelt, sodass in der Region eine spezifische Mischung verschiedener Ethnien, Sprachen, Religionsgemeinschaften und Kulturen zu konstatieren ist. Diese Situation fordert zur Diskussion verschiedener kulturgeschichtlicher Fragestellungen geradezu heraus. Zugleich wird die Konstellation in der Capitanata mit jener in anderen Kontaktzonen zwischen Christen und Muslimen (Sizilien, Andalusien, Levante) verglichen.
Schon jetzt zeichnen sich interessante und auch partiell unerwartete Ergebnisse ab. So ist die lange Zeit dominierende Vorstellung, die muslimische Bevölkerung habe wie in einer Enklave die Stadt Lucera besiedelt, nicht mehr zu halten. Muslimische Gruppen haben vielmehr auch außerhalb von Lucera zuvor von Christen bewohnte Siedlungen übernommen. Zu diesen zählt mit Tertiveri eine kleine Bischofsstadt, die im ausgehenden 13. Jahrhundert als Lehen an einen muslimischen Adeligen vergeben wurde. Die Geschichte der muslimischen Besiedlung endete zudem nicht im Jahr 1300, sondern erfuhr wenig später eine bisher kaum beachtete Fortsetzung.
Von 2006 bis 2012 war das Projekt beim Deutschen Historischen Institut in Rom (DHI Rom) angesiedelt, das damit unter der Federführung des damaligen Direktors Michael Matheus an die Tradition der an ihm betriebenen Süditalienforschung unter veränderten Fragestellungen anknüpfte. Als Kooperationspartner waren bzw. sind beteiligt: das Dipartimento di Scienze Umane der Universität Foggia, das CNR – Centro di Studi Federiciani di Lagopesole, das Institut für Geowissenschaften der Christian-Albrecht-Universität Kiel sowie das Forschungscluster "Gesellschaftliche Abhängigkeiten und soziale Netzwerke" der Universität Trier und der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Seit 2013 führen Prof. Dr. Michael Matheus (Mainz) und Prof. Dr. Lukas Clemens (Trier) das Projekt in Kooperation mit dem DHI Rom fort.

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