Systemrelevante Technokraten in Italien ab den 1990er Jahren

Dr. Sarah Lias Ceide

Im Rahmen des Projekts "Re-Konstruktionen des Deutsch-italienischen wissenschaftlichen Forums für Zeitgeschichte und Politik" (in Kooperation mit der Villa Vigoni – Deutsch-italienisches Zentrum für den europäischen Dialog, gefördert aus Sonderprojektmitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung [BMBF]).

'Technokraten' haben die italienische Politik in den letzten Jahrzehnten stark beeinflusst und geprägt. Als Beispiele können die Regierungen Ciampi (1993–1994), Dini (1995–1996) und Monti (2011–2013) genannt werden. Technokratie ist sowohl als "Hintergrundideologie" (Dirk van Laak) als auch als angewandte Regierungsform (unter anderem Duncan McDonnell, Marco Valbruzzi) gedeutet worden. In diesem Projekt liegt der Fokus dahingegen auf der Person des systemrelevanten 'Technokraten', definierbar als Experte ohne Parteizugehörigkeit und vorheriges Parlamentsmandat, der Regierungsverantwortung übernimmt. Das Forschungsvorhaben analysiert die Entstehung, Entwicklung und Bedeutung von Netzwerken, denen italienische, politisch agierende Technokraten während des Zeitraums von 1990 bis 2013 im In- und Ausland angehörten. Besonders relevant werden hierbei die Wechselbeziehungen zwischen der technokratischen Wirtschaftselite Italiens und den verschiedenen Regierungen ebenso wie mit staatlich-nationalen und europäischen Institutionen sein. Auch akademische Netzwerke innerhalb und außerhalb Italiens sollen rekonstruiert werden.
Das Projekt wird den Zeitraum 1990–2013 in Betracht ziehen und stützt sich neben der Sekundärliteratur auf Quellen aus Bibliotheken und staatlichen Archiven Italiens. Die Arbeitshypothese ist, dass sich die fraglichen Akteure innerhalb eines 'Expertennetzwerks' bewegten, das bereits Anfang der Neunzigerjahre in Zusammenhang mit den Verhandlungen zur Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (EWW) entstanden war. Schlüsselpositionen hatten hierbei das Finanzministerium (Ministero del Tesoro) und die italienische Zentralbank (Banca d'Italia). Dabei soll sowohl der sogenannte revolving-doors-effect, d.h. die wechselnde Präsenz der Akteure in verschiedenen Institutionen als auch die enge Vernetzung zwischen den politisch agierenden Technokraten selbst über einen längeren Zeitraum untersucht werden.


Dr. Sarah Lias Ceide
Wissenschaftliche Mitarbeiterin Projekt "Re-Konstruktionen des Deutsch-italienischen wissenschaftlichen Forums für Zeitgeschichte und Politik" (gefördert vom BMBF)
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